Fjoergyn - Judasmesse
Band: Fjoergyn (D)
Genre: Symphonic Black Metal
Label: Trollzorn
Records
Album Titel: Judasmesse
Spielzeit: 59:31
VÖ: 02.06.2023

Fjoergyn kommen zum 20. Bandjubiläum mit neuem, ihrem 6. Album,
zu euch ins Wohnzimmer. "Judasmesse" hat, wie der Titel schon
erahnen lässt, den Verrat zum Thema und die 9 Stücke des Albums
servieren uns diesen "Verrat" genauso emotional, wie es auch im
Leben geschieht. Mal laut, mal leise, mal hart, mal weich, mal von
außen, mal von innen, oder mal von Fremden, mal von Freunden oder
der Familie. Ja und manchmal verrät man auch sich selbst.
Fans der Band wissen, dass sich die Thüringer immer gern neu
erfinden und kein Album wie das andere ist. Auch mit "Judasmesse"
ist dies nicht anders und das fängt schon bei der Genrebezeichnung
an. Die Jenaer in eine Schublade zu stecken geht gar nicht, denn
ihre Musik ist einfach zu vielschichtig. Man scheut sich nie vor
Experimenten, treibt es aber auch nie auf die Spitze.
In fast
einer Stunde gibt es mal kalten Black Metal in seiner rohen Form;
mit knarzenden, schreddernden Riffs und infernalischen Schreien und
aggressiven "spoken Words" ("Sturz"). Es gibt spacige Noten und
atmosphärische Parts, knüppelnde Drums und stampfenden Groove,
gepaart mit symphonischen Touch und Gesangspassagen wie man sie auch
im Gothic Bereich zu hören bekommt ("Kain"). Dann gibt es ambiente
Black Metal Parts, die mehr oder weniger sauber daherkommen und mit
klaren Vocals präsentiert werden, wie wir es auch z.B. von Nocte
Obducta kennen ("Warafin").
Im Instrumental "Komm Abel lass
uns aufs Feld gehen" begegnet uns gar ein Saxophon, welches dich
beinahe in eine Chill-Lounge zu beamen vermag. In Verbindung mit den
spacigen Tönen und einer getragenen Atmosphäre hält sich dabei aber
immer ein Spannungsbogen aufrecht, bei dem man das Gefühl hat;
gleich bricht es aus ihm heraus. Was aber erst im folgenden
"Prometheus I - Briefe eines sterbenden Kosmos" geschieht. Hier
treffen dann die brachialen und filigranen Fjoergyn aufeinander und
präsentieren sich mal so, mal so und dann wieder vermischen sich
beide Seiten gekonnt miteinander. "Prometheus II - Uranos Zorn"
erinnert mich dann sogar von Klangbild und Songstruktur her direkt
an Nocte Obducta, was jetzt nicht negativ zu werten ist.
"Prometheus III - Plagen" kommt zu Beginn mit "sterbendem" Klangbild
daher und baut sich dann mit einer Dark Rock-mäßigen Melodie schön
auf, bekommt dann einen symphonischen Touch verpasst und wird immer
mächtiger, bis er sich schließlich in Raserei entlädt, was durch
Highspeed Drums ordentlich angekurbelt wird.
"Vater(s)land"
frisst sich mit seinen aggressiven, verbitterten Vocals regelrecht
ins Hirn. Das Klangbild der Nummer erfüllt dabei den Raum mit viel
Atmosphäre und die klaren Gesangspassagen sind ein schöner Gegenpart
zu den bitteren Vocals zu Beginn der Nummer. Die emotionale Seite
dieses Wechselspiels könnte man fast mit "ich hasse was ich liebe"
beschreiben.
Die Arrangements von "Non Serviam" verleihen der
Nummer einen mächtig orchestralen Sound, welchen ich mir gut mit
einem echten Orchester in einem Konzertsaal vorstellen kann. Stark!
Das Ganze wurde sehr geschickt gemixt und gemastert, denn alles
klingt immer genauso wie es für den jeweiligen Part optimal zu sein
scheint. Alles kann differenziert ausgemacht werden und vor allem
die orchestralen Details lassen sich unterm Kopfhörer wunderbar
erkennen und entdecken.
Fazit:
Fjoergyn pfeifen auf
Genregrenzen und liefern mit "Judasmesse" ein grandioses "Crossover"
Album im Black Metal Segment, welches emotionale, detailverliebte
Arrangements aufweist, mit denen sie den geneigten Hörer zu fesseln
vermögen und ihn mit emotionaler wie auch künstlerischer Manier zu
begeistern wissen. Trotz der auf den ersten Blick scheinbar
widersprüchlichen musikalischen Elemente, die hier dargeboten
werden, ist das Ganze immer schlüssig und homogen. "Judasmesse" ist
wie ein Roman, bei dem man jedes Kapitel lesen will und muss, weil
man nur so das Ganze begreifen kann und dessen Größe erkennt. Dieses
Album ist große Kunst und wird jeden, der über den Tellerrand
schauen kann, begeistern!
Punkte: 10/10
Anspieltipp:
alles
01. Sturz
02. Kain
03. Komm Abel Lass Uns Aufs Feld Gehen
04. Prometheus I - Briefe Eines Sterbenden Kosmos
05.
Prometheus II - Uranos Zorn
06. Prometheus III - Plagen
07.
Vater(s)land
08. Non Serviam
09. Warfarin
Stephan L. - Vocals, Guitars
Marcel W. - Guitars
Philipp T.
- Guitars
Sven G. - Bass, Vocals
Martin T. - Drums
- Download Review in deutsch
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Autor: Thomas