Dynfari - Myrkurs er Ϸörf

Band: Dynfari (IS)
Genre: Atmospheric Black Metal
Label: code666
Album Titel: Myrkurs er Ϸörf
Spielzeit: 46:51
VÖ: 18.09.2020

Dynfari - Myrkurs er Ϸörf

Die Geduld erprobten Isländer lassen sich Zeit, um "Dauðans dimmu dagar" – den ersten Track des "Myrkurs er Ϸörf" benannten Albums – voll erklingen zu lassen. Tragend, melancholisch und düster legt sich dann Dynfaris neuestes Werk von Beginn an aufs Ohr. Doch da sind auch diese sehr gerade heraus klareren Melodiestränge irgendwo im Hintergrund, aber doch deutlich zu vernehmen. Der Weg einer Symbiose? Oder doch zu viel der Fremdbeeinflussung?

Ungestört läuft die Mucke weiter und kostet sich selbst aus. Ich lasse mich weiter auf das Klangangebot ein und lausche. Eine leicht andere Note bringt dann auch schon das zweite Stück der Scheibe mit sich. Während das Spiel der Leadgitarre erquickt, donnern die anderen Saitenschwinger ziemlich saubere Akkordfolgen runter. Der große Bombast fehlt aber noch. Die Isländer legen in ihrer schwarzmetallischen Atmosphäre eher Wert auf teils bedrückende, teils bedrohliche, schwere Kost mit lethargischem Anklang. Die Synth-Klänge verschwinden daher fast untermalend im musikalischen Background, weil sie oftmals pfiffig eingesetzt werden. Sicher sind sie da, aber sie drängen sich nicht andauernd mit einer eigenen Note in den Vordergrund, wie das bei so manch Kollegen neuerer Black-Metal-Interpretationen gern der Fall ist. Auch ein Akkordeon ist mit im Einsatz, aber hier muss der geneigte Hörer keine Angst vor allzu folkloristischen Anklängen haben. Gitarren und Bass zeigen häufig, wo es lang geht.

Leider bleiben aber die richtig guten Momente immer noch Momentaufnahmen und auch die Drums scheinen manchmal nur musikalisches Beiwerk zu sein. Bedrückend gedrungene Parts ziehen diese zwar mit Jón Emils Schlagkraft beispielhaft in die Länge und untermalen so die Wirkung. Aber an anderen, eher im beat-technischen Mittelfeld platzierten Stellen, wirkt das Spiel bisweilen wie für eine x-beliebige Rockband geschaffen –zu einheitlich und gleichzeitig auch noch losgelöst von der so wichtigen Atmosphäre.

Ähnlich passiert es mit dem kreischenden Gesang von Jóhann Örn. Für sich genommen präsentiert er zwar immer wieder interessante Ansätze mit starken Gefühlsakzenten, aber dann wieder liegt exakt diese Ambition wie ein diffuser Schleier über den Tonwerken seiner Bandkollegen. Auch könnten die Akzentuierungen noch mehr Vehemenz bekommen. Gerade weil Jóhann Örn es vermag, allein durch seine stimmlichen Parts Atmosphäre zu erschaffen, müssen die Vocals fokussiert, präsent und mit der Rest der Mucke verschmolzen sein. Das klappt nicht immer.

Durch die Punkte, die ich bereits bemängelte, fehlt es dem Album insgesamt an Diversität und klingt an vielen Stellen zu eintönig. Zwar liefern Dynfari wie bereits bemerkt ein paar sehr schöne Passagen und Ansätze, aber es fehlt ein echtes Highlight und auch Hinauswachsen über die eigenen Werke. So präsentiert sich " Myrkurs er Ϸörf" leicht monoton und unter seinen Möglichkeiten bleibend.
Nichtsdestotrotz zeigen Dynfari auch große Momente. Dann, wenn die komplette Band eine düster-schaurige und durchdringende Einheit im Gewand bombastischer Momente bietet. "Ég fálma gegnum Tomið " ist so eine Nummer, die an Stärke gewinnt. Islands eisige und raue Schönheit findet sich in solchen Stücken wieder. Was soll man also halten von einem Album, das schwer melancholisch über der Stille seine Ansprüche erhebt, mit vielversprechenden Parts daherkommt und an anderer Stelle wieder schwächelt, glattpoliert ist, mit einer Idee "Schöngeistigkeit" gewürzt und im Ganzen nicht kristallisierend wirkt?

Fazit:
Das ist mein großer Kritikpunkt: Dass die Herren aus dem einsamen Norden wirklich gute Ansätze zeigen – wenn auch nicht revolutionierend - und zugleich stellenweise so poliert daherkommen. In ihrem Fact-Sheet findet für "Myrkurs er Ϸörf" unter anderem eine Mischung von Post-Rock und Black-Metal Erwähnung. Da haben wir sie, die beiden Pole. Nun, Post-Rock bricht auf seine Weise aus musikalischer Konvention aus, während Black Metal in seiner Reinform noch immer Abweichung zelebriert. Ich höre deutliche Einflüsse letzterem und bin begeistert, dass Dynfari es vermögen, teils dichte Atmosphäre zu schaffen, indem sie ihre Synth- und Saiteninstrumente auf eine Höhe stellen, dieses Muster kaum brechen und damit auch dem "atmospheric" im Genre gerecht werden. Es sind die Stellen, an denen auch das Drumwork dieses Gerüst trägt. Aber zu glattpolierter, höhepunktloser Sound und Komposition trüben diese guten Ansätze. Ob die in einigen Songs auftauchenden "glatten" Erscheinungen sich nun der bewussten Stil-Mixtur beugen oder sich aus anderen Gründen in die Kompositionen geschlichen haben, vermag ich nicht zu sagen. Aber trotz guter Momente fehlt auch dadurch das Runde am Album. Für Fans ist das Album bestimmt zu empfehlen. Auf der Suche nach einer neuen Lieblingsscheibe ist man nicht mehr ganz so gut beraten.

Punkte: 6/10

Anspieltipp: Ég fálma gegnum Tomið

Tracklist

01. Dauðans dimmu dagar
02. Langar nætur (í botnlausum spíralstiga)
03. Myrkurs er Ϸörf
04. Ég fálma gegnum tómið
05. Svefnlag
06. Ég tortímdi sjálfum mér
07. Peripheral Dreams
08. Of Suicide and Redemption

Lineup

Jóhann Örn - Vocals, Bass, Accordion, Synth, Guitars
Martin Tsenov - Guitars
Bragi Knutsson - Guitars
Jón Emil - Drums, Guitars

Informationen