Détresse - Pessimismes
Band: Détresse (A/CDN)
Genre: Black Metal
Label: Vendetta Records
Album Titel: Pessimismes
Spielzeit: 40:54
VÖ: 17.05.2025

Was passiert, wenn sich die klangliche Düsternis Québecs mit der
existenziellen Schwere Mitteleuropas verbindet? Détresse liefern die
Antwort: eine neue Black-Metal-Formation, die aus einer transatlantischen
Verbindung zwischen Österreich und Kanada hervorgegangen ist und mit
"Pessimismes" ihr erstes vollständiges Studioalbum vorlegt. Veröffentlicht
über das Berliner Label Vendetta Records, das seit Jahren als Plattform
für kompromisslosen, authentischen Black Metal ohne Trendanbiederung
steht, ist "Pessimismes" ein Statement, das keine Kompromisse kennt. Keine
post-metallische Schönheit, keine versöhnlichen Ambient-flächen;
stattdessen sechs Stücke voller Angst, Düsternis und kathartischer Gewalt.
Détresse versprechen nichts weniger als musikalische Ehrlichkeit, und was
hier geboten wird, klingt, als käme es aus einer Welt, die Licht längst
vergessen hat.
„Pessimismes“ ist ein Werk, das sich jeder Form der
Beschönigung verweigert. Der Sound ist kalt, kantig und roh, aber nie
stumpf. Vielmehr offenbart sich hier eine tief empfundene,
durchkomponierte Ausdruckswut, die mit jedem Takt tiefer schneidet.
Détresse schlagen mit Präzision und Intensität zu, ohne in technische
Selbstverliebtheit zu verfallen. Hier geht es nicht um Virtuosität,
sondern um Wahrhaftigkeit. Die Gitarren sind wie aufgerissene
Nervenstränge; sie kreisen in abgründigen Refrains und brechen abrupt ab,
um in neue Spannungsfelder zu führen. Der Bass schält sich oft wie ein
drohender Schatten unter die Oberfläche, während das Schlagzeug wie ein
unnachgiebiger Motor wirkt; erbarmungslos treibend, fast mechanisch, aber
nie seelenlos.
Die größte Stärke des Albums liegt in seiner
emotionalen Dringlichkeit. Détresse wirken nicht wie eine Band, die Musik
macht, sondern wie ein Organismus, der sich seine inneren Dämonen von der
Seele reißt. Jeder Schrei, jede gezerrte Phrase, jede dissonante
Akkordfolge wirkt wie ein gezielter Ausbruch aus einer lähmenden Leere.
Sprachlich zwischen Deutsch und Französisch zerrissen, verleiht das Trio
seiner Musik eine zusätzliche Dimension der Entfremdung. Die Vocals sind
roh und aus der Tiefe gerissen; keine stilisierte Grimasse, sondern
Ausdruck eines echten inneren Drucks. Dabei bleibt der Sound stets
unmittelbar; keine glatte Produktion, keine aufgeblasene Klangarchitektur,
sondern eine knochentrockene, direkte Ästhetik, die alles Schöne
verbrennt, um das Echte freizulegen. Schon mit dem ersten Hördurchlauf
wird deutlich, dass "Pessimismes" trotz seiner kompakten Laufzeit eine
enorme Bandbreite an Ausdrucksformen vereint, ohne dabei je den roten
Faden zu verlieren.
"Der Alte Weg" ist ein schneller und
kompromissloser Track des Albums. Hier regiert die Raserei; ein
peitschendes Schlagzeug, sägende Riffs und ein Gesang, der sich wie ein
manischer Monolog gegen die Wände der Verzweiflung wirft. Der Song klingt
wie ein letzter Akt des Aufbäumens – voller Wut, aber ohne Hoffnung. Die
Energie ist ungefiltert, fast körperlich spürbar. Ein klaustrophobischer
Sturm, der keinen Raum zum Atmen lässt.
"Die Ruhe Trägt" hingegen
zeigt, dass Détresse mehr können als bloße Raserei. Der Song wirkt wie ein
marschartiger Abgesang, getragen von einem stoisch-treibenden Rhythmus,
der nicht ins Ziel, sondern in den Abgrund führt. Trotz seines Tempos
bleibt er kontrolliert; ein Sog, der nicht zieht, sondern drückt. In
dieser Getriebenheit liegt eine Art düstere Entschlossenheit; keine
Flucht, kein Trost, nur der nächste Schritt in die Dunkelheit.
Am
Ende steht "Pessimisme", der letzte Track des Albums und zugleich dessen
kargstes, aber vielleicht intensivstes Statement. Ausschließlich auf
Akustikgitarre gespielt, wirkt das Stück wie ein Spalt im monolithischen
Klangblock, durch den kurz das reine Gefühl sickert. Keine Vocals, keine
Verzerrung – nur leere Saiten, auf denen eine Stimmung zwischen Trauer,
Leere und Resignation liegt. Begleitet vom Rauschen der Natur im
Hintergrund entsteht ein Moment tiefer, fast greifbarer Einsamkeit, als
würde sich der Blick von der Innenwelt des Schmerzes in eine ebenso
trostlose Außenwelt richten. Es ist ein mutiger Moment der Reduktion, der
zeigt, dass Détresse Schmerz nicht nur durch Lautstärke, sondern auch
durch Stille transportieren können. Als Schlusspunkt entfaltet
"Pessimisme" eine fast schon existenzielle Tiefe, ein letzter Blick in den
Abgrund, ohne den Willen, sich noch einmal abzuwenden.
Fazit:
Mit "Pessimismes" liefern Détresse ein Debüt, das keine Fragen offenlässt.
Hier wird nichts beschönigt, nichts poliert, nichts relativiert.
Stattdessen erwartet den Hörer ein schonungsloser Einblick in ein
emotional aufgeladenes Klanguniversum, das so rau, kalt und ehrlich ist
wie der Albumtitel selbst.
Détresse verweigern sich konsequent der
modernen Weichzeichnung, die so oft mit "atmosphärischem" Black Metal
einhergeht.
Ihre Musik kennt keine Flucht, keine entrückten Visionen.
Sie bleibt im Schmerz, in der Angst, in der Unruhe. Und genau darin liegt
ihre Kraft.
"Pessimismes" ist mehr als ein Debüt; es ist ein
Ausdrucksakt. Eine Katharsis. Und vielleicht auch ein notwendiges
Gegengewicht in einer Szene, die sich mitunter zu sehr nach innen
einkuschelt. Hier gibt es keine Träume, nur Zustände und diese brennen
sich tief ein.
Punkte: 8/10
Anspieltipp: Der Alte Weg, Die
Ruhe trägt, Pessimisme
01. Désarroi
02. Der Alte Weg
03. Vision Funeste
04. In Asche
Gehüllt
05. Die Ruhe Trägt
06. Pessimismes
S.P. - Vocals, Guitars
C.S. - Bass
L.S. - Drums
Guest
Musician:
Azrael Trailovic - Acoustic Guitars on Pessimisme
- Download Review in deutsch
- Bandcamp
Autor: Ben