Herbstlethargie - Melancholie Im Blattfall

Band: Herbstlethargie (D)
Genre: Atmospheric / Depressive Black Metal
Label: Northern Silence Productions
Album Titel: Melancholie Im Blattfall
Spielzeit: 62:44
VÖ: 09.09.2022

Herbstlethargie - Melancholie Im Blattfall

Atmosphärischer Black Metal aus Thüringen? Also wenn mir als Thüringer und Black Metal Fanatiker da nicht alle Glöckchen klingeln würden, wäre irgendwas nicht in Ordnung.

Das naturalistische Intro "September" regt auf jeden Fall die herbstliche Stimmung an. Wobei das Wort Intro hier etwas Falsches suggeriert, denn mit über acht Minuten Spielzeit ist der Opener bereits ein guter Indikator für das, was in der langen Spielzeit von "Melancholie im Blattfall" erwartet werden darf. Nach der anfänglichen Geräuschkulisse gibt es sehnsuchtsvollen Black Metal mit hohen, weinerlichen Vocals (nicht böse gemeint), die ein klassisches Stilmittel des Depressive Black Metals sind. Sowohl die Gitarren, als auch das Schlagzeug können sofort überzeugen und bieten teils schwungvolle Musik an.

Obwohl ich alle Songs als Anspieltipps angegeben habe, gibt es trotzdem Titel, die mehr im Ohr bleiben und bei denen es früher Klick macht als andere. Einer dieser Titel ist "Umschwung", der sich in seiner Spielart anfangs noch an "September" orientiert, nach dieser ersten Phase aber deutlich an Fahrt, Intensität und Spielfreude aufnimmt. Selbst im "ruhigen" Mittelteil spürt man immer des Liedes Drang, ausbrechen und loslegen zu wollen. Dabei wird die Hauptmelodie immer wieder leicht alterniert, übermächtige und songübergreifende Melodiebögen bleiben aber aus, wie auch beim Rest der Scheibe.

Es wird auf "Melancholie im Blattfall" aber nicht nur mit Sehnsüchten und Hoffnung gearbeitet, dafür wäre "Depressive" einfach das falsche Subgenre. Natürlich gibt es auch negative Gefühlsausbrüche, Verzweiflung und Finsternis, was sich sowohl in den Texten, als auch in der Struktur der Songs niederschlägt. So kann man dies unter anderem in den Liedern "Die Wälder brennen", "In unendlichen Himmeln" und "Blätter fallen" vernehmen, die wesentlich langsamer gespielt werden, das Schlagzeug "klopft" mehr und die Melodien werden repetitiv stark ausgereizt. Eine gelungene, aber teils etwas zähe Kostprobe von Mastermind "Herbst".

Ganz generell gesprochen, folgt auf einen starken Start eine durchhängende Phase in der Mitte des Albums, die massiv auf die Tränendrüse drückt. Mit "Von Herbst zu Winter" startet das letzte Drittel dieses Werkes wieder mit mehr Black Metal, was auch bis zum Ende der Platte so bleibt. Besonders gefallen mir hier die verschiedenen Instrumente, die zum Einsatz kommen und den Song besonders abwechslungsreich gestalten.

Neben "Von Herbst zu Winter" besticht aber vor allem der mit knapp 10 Minuten längste Titel "Mein Ahornblatt", der sich in die gleiche Riege wie "Umschwung" einreiht. Nach einer schönen Einleitung wird metalmäßig alles in diesen Song gepackt. Alle Gefühle, Sehnsüchte, Sorgen, Wünsche und Träume konzentrieren sich in diesem einen epischen Titel, den ich ohne Umschweife als Besten des Albums bezeichne. Würde das Album nach diesem Übertitel zu Ende sein, ich wäre vollkommen zufrieden und mit mir und der Welt im Reinen. Aber es gibt ja noch einen letzten Titel, der ebenfalls zu überzeugen weiß und mit einem Namen wie "Der erste Schnee" verheißungsvoll auf ein weiteres Werk hoffen lässt.

Die in Eigenregie gemixte und gemasterte Platte bringt alle Fraktionen perfekt unter einen Hut und lässt keine Wünsche offen.

Fazit:
Das geistige Kind des alten Gernotshagen-Mitglieds "Herbst", der seine eigene Vision von Herbst und Melancholie meisterlich vertont hat, ist ein bärenstarkes Werk geworden. Der sehr melancholische Mittelteil ist für meinen Geschmack einen Ticken zu weit ausgedehnt und repetitiv, ohne aber von der Qualität her abzufallen. Ansonsten weiß "Melancholie im Blattfall" zu überzeugen und dürfte die entsprechenden Genrefans im Sog der Scheibe zufrieden mitschwelgen lassen. Ganz starkes Ding.

Punkte: 8,5/10

Anspieltipp: alles

Tracklist

01. September
02. Umschwung
03. Die Wälder Brennen
04. In unendlichen Himmeln
05. Blätter Fallen
06. Von Herbst Zu Winter
07. Mein Ahornblatt
08. Der Erste Schnee

Lineup

Herbst - Vocals, add. Guitars, Bass, Duduk, Drums
Alboîn - Guitars, Vocals on Der Erste Schnee
Lisa - Cello

Guest Musicians:
Florian - Vocals on Blätter Fallen

Informationen