Liminal Shroud - All Virtues Ablaze

Band: Liminal Shroud (CDN)
Genre: Black Metal
Label: Willowtip Records
Album Titel: All Virtues Ablaze
Spielzeit: 40:04
VÖ: 05.08.2022

Liminal Shroud - All Virtues Ablaze

Nach der selftitled Demo (2018) und dem Debüt "Through the false Narrows" (2020) haben wir mit "All Virtues Ablaze" nun das dritte Klangwerk der Kanadier Liminal Shroud auf dem Tisch.

Man hatte auf dem Debüt zwar eine längere Spieldauer, es waren dort aber auch mehr und "kürzere" Songs zu finden. Bei nur vier Songs auf "All Virtues Ablaze", aber ausgestattet mit knapp über 40 Minuten Spielzeit, bietet sich nach längerer Zeit endlich mal wieder eine Track-by-Track Review an.

Das Album startet mit dem Lied "Hypoxic" (dt. unter Sauerstoffmangel (leidend)), welches mit 7:43 Minuten auch das Kürzeste ist. Kratzige Gitarren und gelegentliches Schlagwerk starten die ersten 20-30 Sekunden des Openers, sodann steigt auch der Rest der Band ein. Kehlige Vocals bahnen sich ihren Weg zwischen den sauber gespielten Gitarren und dem schon jetzt auffällig variablen Schlagzeug. Mit etwas Übung und vielen Wiederholungen kann man die Wörter und Texte auch verstehen. In "Hypoxic" wird eine gute Portion Progressivität in den Black Metal gemischt, was sich immer wieder in den Non-Vocal-Teilen bemerkbar macht und die Nummer vielseitig erscheinen lässt. Etwas geradlinier ist die Instrumentarisierung innerhalb der Strophen, hier gibt es auch schöne Blastbeats zu hören. Allgemein ist die Stimmung gut, aber eine gewisse Bedrücktheit macht sich trotzdem bemerkbar. Ebenfalls auffällig ist die gute Ausgewogenheit zwischen instrumentalen und mit Vocals ausgestatteten Spielzeiten innerhalb des Liedes.

"Mists along Florencia" beginnt sehr ruhig mit nur einer Gitarre. Quasi instant spürt man hier (nachdem die seichten ersten Drums und eine zweite Gitarre eingesetzt haben) die Post-Black Metal Schiene, auf der sich der Track bewegt. Diese wird er auch nicht mehr verlassen, was die Sehnsucht in der Musik verstärkt. Erst nach drei Minuten nimmt der Song an Härte zu und Fahrt auf. Die Drums dominieren das Geschehen zeitweilig. Hier wird fast schon übermäßig geballert, obwohl die Gitarren viel weitläufigere Melodiebögen spannen. Dies stellt einen interessanten Kontrast dar, der schließlich durch die Hauptmelodie aufgebrochen wird, bei der sich die Instrumente auf ein gemeinsames Tempo einigen. Als wäre dies noch nicht ausreichend, variiert man das Tempo im weiteren Verlauf des Songs nochmal mehrfach, ohne aber die gemeinsam gefundene Basis wieder zu verlieren. Mein Eindruck ist, dass die Vocals, die für gewöhnlich das Markanteste an einem Song sind, hier von ihrer Wichtigkeit eher in den Hintergrund treten, um dem Zusammenspiel von Gitarren und Drums Raum zu geben. Dieser Song ist eine wunderschöne Klangwelt und hallt in meinen Ohren noch lange nach.

Das erste Stück des Zweiteilers, "Transmigration I: Pelagic Voids", beginnt wie so oft mit einer einzelnen Gitarre, die schnell von ihren Kollegen eingeholt wird. Dieses Stück ist erheblich langsamer als seine beiden Vorgänger, auch die Vocals werden hier nicht nur rau, sondern auch leiser und cleaner vorgetragen. Bis weit über die Hälfte des Liedes herrscht eine stark Sludge-ähnliche Stimmung, die durch den Ausbruch nach ca. sechs Minuten beendet wird. Ab da gibt es das gewohnte Klangbild des kanadischen Trios, welches um eine melancholische Note angereichert wird.

Der letzte Titel dieses Albums und der zweite Teil, "Transmigration II: The Cleansing Ash", stellt mit seinen 12:01 Minuten die längste Spielzeit und bietet eine Besonderheit. Wurden die bisherigen Stücke allesamt mit einer Gitarre eingeleitet, so übernimmt dies hier ein Piano/Klavier. Sodann setzen auch die übrigen Instrumente ein, bleiben aber alle noch eine Weile in ruhigen Fahrwassern. Nach ca. einer Minute kommt die Leadgitarre hinzu und reiht sich in den immer noch entspannten Reigen ein. Nach zwei Minuten sitzt man da, immer noch gespannt, wann die Vocals kommen... Was ist das? Ein 12-minütiges Instrumental? Das wäre episch und extrem mutig. Aber ich kann hier Entwarnung (?) geben. Nach fast drei Minuten des instrumentalen Einstiegs in den Rausschmeißer hören wir ein erstes "Ooaahh" und alsbald darauf auch die kehlig vorgetragenen Texte. Es ist schon irgendwie beruhigend. Trotzdem behält das Lied seine grundsätzliche Idee bei und besticht mit langen Instrumentalpassagen. Dieser Song ist zwar keiner der Kategorie "die Band fährt noch mal alles auf, was sie ausmacht", aber das muss er auch nicht. Durch das gedrosselte Tempo kann die aufgebaute Stimmung noch amplifiziert werden. Und wenn man überhaupt eine Referenz zu anderen Bands ziehen möchte, dann kann man hier mit ein bisschen Fantasie Satyricon-eske Züge vernehmen.

Fazit:
Die durchweg auf dem Album vorhandenen Post-Black Metal-Anleihen sowie die melancholische, sehnsuchtsvolle Stimmung machen "All Virtues Ablaze" zu einem wahrlich fantastischen Kunstwerk. Die kehligen Vocals passen typischerweise zum Genre, sind aber nicht das Wichtigste. Hier steht sozusagen die Musik im Vordergrund. Und die Kombination aus Blastbeats und übergreifenden Melodien - wenn auch nicht neu - entfaltet ihre besondere Wirkung und lässt einen ob der entstandenen Stille mit dem Wunsch zurück, nach Ende der Scheibe einen neuen Durchlauf zu starten. 40 Minuten können manchmal echt schnell vorbei sein, bei Liminal Shroud sind es 40 exzellente Minuten.

Punkte: 9/10

Anspieltipp: Mists Along Florencia

Tracklist

01. Hypoxic
02. Mists Along Florencia
03. Transmigration I: Pelagic Voids
04. Transmigration II: The Cleansing Ash

Lineup

Aiden Crossley - Vocals, Guitars
Rich Taylor - Vocals, Bass
Drew Davidson - Drums

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