Katharos - Of Lineages Long Forgotten
Band: Katharos (S)
Genre: Symphonic Black Metal
Label: Willowtip
Records
Album Titel: Of Lineages Long Forgotten
Spielzeit: 48:44
VÖ: 13.05.2022
Zwar sind die Schweden unter dem Banner Katharos schon seit
sechzehn Jahren im Geschäft, jedoch lassen die einzelnen
Veröffentlichungen sehr auf sich warten. Nachdem zwischen der ersten
Demo und dem Debütalbum "Exuvian Heraldry" ganze neun Jahre
verstrichen sind, folgt nun weitere sechs Jahre später der aktuelle
Epos "Of Lineages Long Forgotten". Auf dieser Scheibe zeigt sich
Katharos erstmals als Quartett mit dem 2019 dazugestoßenen Trommler
Tatu Kerttula.
Auf ein genretypisches Introgeplänkel wird
größtenteils verzichtet; bisschen Gehupe, bisschen Atmosphäre -
passt! Und schon prügelt Katharos gnadenlos drauflos. Das bedeutet,
die vier Schweden zeigen direkt in den ersten Takten, wo der Frosch
die Locken hat. Takt- und Tonart kristallisieren sich erst später
heraus, wenn dann der keifende Gesang einsteigt. Die ersten Sekunden
werden von konfusen Rhythmen und Dissonanzen dominiert, welche sich
später als wiederkehrende Motive auf der Scheibe
herauskristallisieren.
Das erste Wort, welches mir zu dem
Riffing auf "Of Lineages Long Forgotten" in den Sinn gekommen ist,
ist "geisteskrank". Betrachtet man nur einmal den verrückten
Mittelteil von "Feigned Retreat", oder das Gitarrensolo-Riff-Duell
in "The World Serpent's Marrow", welche irgendwo auf der Schwelle
zwischen Genie und Wahnsinn tanzen, wird schnell klar, wie es zu
dieser Assoziation kommt!
Eintönig wird es auf diesem Album
keinesfalls. Hier und da fließen plötzlich auch progressive Rhythmen
in das Riffing mit ein, welche (man beachte den Anfang des
Titeltracks) das Headbangen in fassungsloses Kopfschütteln übergehen
lassen, nur um kurz darauf mit einem klassischen Black Metal Riff à
la Emperor von mächtigen Keyboardsounds und prasselnden
Stakkato-Rhythmen in die Schlacht geprügelt zu werden.
Besonders fällt noch der Titel "Lay Yersinian Siege" auf, wo anfangs
erstmals auch eine ruhige Passage eingebracht wird, um das darauf
folgende zerklüftete Riffing noch mehr herauszuarbeiten. Das
Keyboard bringt gegen Mitte des Tracks epische Bläsermelodien an,
die durch ein gewaltiges Gitarrensolo aber gleich wieder
niedergemetzelt werden, um wiederum in einen ruhigen Zwischenteil
vor dem Grande Finale zu münden.
Es macht Spaß zu hören, dass
Katharos trotz der ständigen Orchestersounds nicht an Kälte
verlieren, nicht in ein gothic-artiges Gedudel verfallen und tief im
Schmalztopf rühren (siehe Genregrößen Dimmu Borgir), sondern
permanent auf die Zwölf geben. Hin und wieder wäre jedoch die eine
oder andere kurze Verschnaufpause angebracht, um Höhepunkte noch
effektiver hervorzuheben. Solche Passagen wurden lediglich in "Lay
Yersinian Siege" angebracht und werten den Song unfassbar auf.
Dass die Instrumentalisten ihre Arbeit verstehen, muss ich,
glaube ich, nicht mehr erwähnen. Ebenso sind die Arrangements
großartig ausgeklügelt, die Gitarren dominieren das Geschehen, die
Keyboards mischen sich jedoch mächtig und aggressiv ein, Melodien
werden hin- und hergeprügelt und Annerhalls Gesang keift sich seinen
Weg durch dieses ganze Gemetzel. Der Gesang ist sehr vielseitig und
teilweise auch anspruchsvoll. Das klingt zwar auf Platte sehr geil,
ob dies jedoch auch live so umgesetzt werden kann, bleibt
abzuwarten.
Fazit:
Kompromissloses Gemetzel, mächtige
Melodien, virtuose Musiker und kranke Riffs - gibt es noch etwas
hinzuzufügen? Ich denke nicht. Katharos haben mit "Of Lineages Long
Forgotten" eine bockstarke Scheibe kreiert, deren Nachfolger meiner
Meinung nach nicht mehr so lange auf sich warten lassen muss.
Punkte: 9/10
Anspieltipp: Feigned Retreat, Of Lineages
Long Forgotten, Lay Yersinian Siege
01. Those Hornclad
02. Feigned Retreat
03. Of Lineages Long
Forgotten
04. The World Serpent's Marrow
05. Lay Yersinian
Siege
06. I Waged War
07. Most Dread Portent
Richard Annerhall - Vocals, Guitars
Max Müssbichler - Guitars,
Bass
Christofer Sköld - Keyboards
Tatu Kerttula - Drums
- Download Review in deutsch
Autor: Sepp