Herbstschatten - Abschaum
Band: Herbstschatten (D)
Genre: Post Black Metal
Label: Boersma
Records
Album Titel: Abschaum
Spielzeit: 51:59
VÖ: 02.10.2020
Hamburg ist ja eine schöne und große Stadt, und auch viele Bands
haben hier ihre Heimat. So verhält es sich auch mit den Jungs von
Herbstschatten, die mit "Abschaum" ihr zweites Album auf den Markt
bringen.
Auf dem ersten Album von 2013 "Liv og Død" war der
gespielte Black Metal im Vergleich zum aktuellen Werk geradliniger
und nicht so ausgefeilt und vielschichtig. Für ein Erstlingswerk,
was zudem schon 7 Jahre zurückliegt, geht das in Ordnung. Aber
Herbstschatten möchten selbstverständlich zeigen, dass sie mit der
Zeit gewachsen sind (was man auch schon auf der 2018er "Bergtempel"
EP hören konnte). Dieses Vorhaben ist, was mich betrifft, definitiv
von Erfolg gekrönt, wenngleich nicht alles Gold ist, was glänzt.
Der Opener macht auf jeden Fall schon mal richtig Eindruck und
lässt den Hörer erwartungsfroh auf die kommenden Tracks zusteuern.
"Seelenschrei" als erster richtiger Titel packt sofort die Keule aus
und besticht mit sehr gut produziertem Black Metal, der explosiv auf
den Hörer zustürmt, sich im weiteren Verlauf aber immer weiter
zurücknimmt. Erst mit dem Folgelied nimmt das Album wieder Fahrt
auf. In "Der Kutscher" gibt es schönes Drumming und gut
verständliches Gekeife, welches mich an Helrunar erinnert. Dies ist
aber nicht der einzige Moment, in dem das passiert. Immer wieder
blitzen Momente und Sequenzen auf, die mich an Helrunars
(post-)apokalyptische Szenarien denken lassen. Aber ich möchte
betonen, dass wir hier trotzdem ganz weit weg von einem Plagiat
sind. Herbstschatten besitzen genug Eigenständigkeit, um ihr Konzept
des Menschen als Abschaum durchzuziehen und auch mit eigenem Leben
zu füllen. Auch bleiben andere Techniken nicht ungenutzt, wie
Klargesang, der klar aus dem Pagan/Vikingbereich kommt sowie
akustisch gespielte Intermezzi und narrative Texte (ebenfalls "Der
Kutscher").
Der Infozettel meint, dass sich die Hanseaten auf
Grund ihrer musikalischen Entwicklung genötigt sahen, vor ihren
Black Metal ein "Post-" davorzustellen. Dies kann ich aber nur ganz
bedingt mittragen, zu stark vordergründig ist der Black Metal, der
eigentlich nur in den bereits genannten Akustikbreaks und
Erzählerpassagen das (Helrunar'sche) "Post" adaptiert. Wenn ich so
durch meine Post-BM Bands schaue, sehe ich da Genrevertreter, die
das Filigrane, Sehnsuchtsvolle und auch Hoffnungsvolle vielmehr
verinnerlichen und bedienen. Gleichwohl Herbstschatten sehr
vielschichtige Musik machen, sind sie doch in diesem Fall wesentlich
geradliniger.
Mit "Gabe" gibt es den zweiten, sehr kurzen
Titel auf dem Album, dieser dient aber auch eher als Einleitung für
den Rausschmeißer und Longplayer von "Abschaum", nämlich "Hingabe".
Mir persönlich ist dieser Song aber ein wenig zu langatmig. Zu sehr
verliert er sich in langen Instrumentalpassagen, die sich selber
dann verlieren und gefühlt Zeit schinden, anstatt Spannung
aufzubauen oder zu halten. Erst nach sechseinhalb Minuten geht der
Song nach seiner ersten Phase wieder flott weiter und in die zweite
Phase, in der der Hörer auch wieder aufmerksam wird. Schade.
Fazit:
Wie eingangs geschrieben, ist nicht alles Gold, was
glänzt, aber dennoch haben Herbstschatten quasi einen goldenen
Herbst 2020 vor sich. Wer auf der Suche nach einem grundsoliden
Black Metal Album mit Tiefgang und flottem Tempo ist, kann die
Platte kaufen, ohne die Anspieltipps erst anzuhören. Für
Unentschlossene sind sie aber bestimmt ein ausschlaggebendes
Kriterium.
Punkte: 9/10
Anspieltipp: Der Kutscher,
Flammen der Schuld
01. Endzeit
02. Seelenschrei
03. Der Kutscher
04.
Sonnenuntergang
05. Flammen der Schuld
06. Gletscherbestie
07. Thron des Zorns
08. Gabe
09. Hingabe
Michi - Vocals, Guitars
Stephan - Guitars
Alex - Bass
Nici - Drums
- Download Review in deutsch
Autor: Godshand