Nocte Obducta - Irrlicht (Es Schlaegt Dem Mond Ein Kaltes Herz)
Band: Nocte Obducta (D)
Genre: Avantgarde Black Metal
Label:
Supreme Chaos Records
Album Titel: Irrlicht (Es schlägt dem Mond ein
kaltes Herz)
Spielzeit: 52:04
VÖ: 27.11.2020
Mitte 2019 hatte ich ein Interview mit einem großen
avantgardistischen Musiker (kein Rocker/Metaller) gehört. Dabei kam
es bei der Abschlussfrage des Moderators, die sinngemäß so ging:
"Wie schaffen Sie es, heute immer noch Avantgarde zu sein?" zu der
Gegenfrage: "Was ist denn in der heutigen Zeit noch 'Avantgarde'?"
Genau diese Frage soll uns beschäftigen bei der Betrachtung der
aktuellen Scheibe von Nocte Obducta. Diese haben in ihrer langen
Bandgeschichte schon so einige fantastische Alben rausgebracht. Umso
schöner ist es dabei, dass in regelmäßigen Abständen neue Alben
veröffentlicht werden.
Begonnen wird "Irrlicht" mit dem
typisch nach Nocte klingenden Stück "Zurück im bizarren Theater",
welches mit einer Fülle von Stilmitteln und Geschwindigkeitswechseln
arbeitet. Textlich für mich leider eher weniger gut zu verstehen,
spürt man aber dennoch die Wucht und Spielfreude, mit der Nocte
Obducta nach drei Jahren wieder frische Musik darbieten. Insgesamt
wirkt "Zurück im bizarren Theater" aber trotzdem etwas gedrückt.
Auf diesen Titel folgt mit "Von Stürzen in Mondmeere" ein noch
gedrungenerer Titel, der im Down-Tempo vor sich hinschwelgt und
Kraft aus langen, langsamen Gitarren zieht. In der ersten Hälfte des
Songs bleibt es durchgängig bei einem doomigen Tempo, aber dann wird
die Handbremse doch ein wenig gelockert, ohne aber die Schwere
aufzuheben. Ich persönlich finde die Platzierung dieses Songs an die
zweite Stelle des Albums durchaus mutig.
Mit "Rot und Grau"
haben wir einen Kracher vor uns. Fabelhaft eingeleitet und
aufgebaut, punktet dieses Lied mit der Fortführung der düsteren
Stimmung und bietet mit seinen Klängen Nostalgiegefühle und mit "Der
alte Traum" die offensichtlichste Huldigung/Rückkehr zum Klangbild
Anfang der 2000er Jahre.
An dieser Stelle muss ich betonen,
dass diese drei Songs und auch die weiteren sich sträuben, mit
"normalem" Black Metal verglichen zu werden. Natürlich ist das Album
zweifelsfrei Black Metal, aber die Art und Weise, wie dieser
verarbeitet wird, ist stilistisch derart abgewandelt, dass sich das
Präfix 'Avantgarde' als einziges anbietet. Dissonanzen, Atonalitäten
und die immer wieder gravierend einschneidenden Tempowechsel, die
manchmal auch abrupt auftreten, sind ein kennzeichnendes Merkmal der
Musik Nocte Obductas ("Der alte Traum"). Man kann sich die Musik von
"Irrlicht" sehr gut auch als Untermalung für einen Film Noir
vorstellen ("Bei den Ruinen").
Technisch gesehen erfüllt
"Irrlicht (Es schlägt dem Mond ein kaltes Herz)" alle Erwartungen,
die man an so eine Platte und Band haben kann. Eine erstklassige
Produktion, die zuweilen aber auch analog und kratzig klingen kann
und so die Rauheit der lyrischen Themen betont und hervorhebt. Auf
der anderen Seite werden die weichen, melancholischen Sequenzen z.B.
in "Bei den Ruinen" und "Noch" sehr schön klar und sehnsuchtsvoll
herausgestellt.
Fazit:
Ich bin mir unsicher, ob man diese
Scheibe lieber hören sollte, wenn es einem sehr gut geht, oder wenn
es einem sehr schlecht geht. Aber am besten hört man sie immer, denn
es lohnt sich. "Irrlicht" ist mit Sicherheit kein einfaches oder
besonders eingängiges Album. Das ist aber auch gar nicht der
Anspruch. Trotzdem ist es ein absolutes Muss für Fans der Band und
auch andere Freunde der schwarzen Tonkunst dürfen hier ohne zu
Zögern zugreifen. Es gibt nichts zu Meckern.
Punkte: 10/10
Anspieltipp: Rot und Grau, Zurück im bizarren Theater, Der alte
Traum
01. Zurück im bizarren Theater
02. Von Stürzen in Mondmeere
03. Rot und Grau
04. Der Greis und die Reiterin
05. Der alte
Traum
06. Bei den Ruinen
07. Noch
Torsten Hirsch - Vocals
Marcel Breuer - Vocals, Guitars, Bass,
Keyboard
Stefan Dietz - Guitars
Heidig - Bass
Matthias
Rodig - Drums
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Autor: Godshand