Poltergeist - Feather Of Truth

Band: Poltergeist (CH)
Genre: Thrash Metal
Label: Massacre Records
Album Titel: Father Of Truth
Spielzeit: 57:33
VÖ: 03.07.2020

Poltergeist - Feather Of Truth

Poltergeist hätten bereits auf das 35-jährige Bandjubiläum schauen können, aber schon Ende 1993 löste sich die Truppe, die zuvor schon mit Thrash-Helden wie Kreator und Destruction tourte, leider wieder auf. Es hat viele Jahre gedauert, bevor man sich zur Re-Union einfand und unter der Comeback-Flagge in 2016 dann auch ein viertes Album veröffentlichte. 2020 ist nun immerhin das Jahr der 5. Scheibe aus der Poltergeist-Schmiede. Mit "Feather Of Truth" liefern die Schweizer eine weitere eigene Note im Thrash-Sektor ab.

Schon der erste Song gibt einen recht guten Vorgeschmack auf das kommende Album. Donnernde Riffs, das Spiel mit dem Tempo und dazu eine deutlich klassisch angehauchte Stimme. Denn in der Tat fällt André Glieders Stimme etwas aus dem Rahmen – aber positiv. Die gesangliche Vielfalt zeigt sich überraschend konsequent auf der neuen Scheibe. Neben gewohnten Thrash-Schrei- und Kreischattacken liefert der vielseitige Herr Glieder auch Gesangsleistungen aus klassischeren und definitiv auch melodischen Gefilden. Ab und an blitzen Bobby-Blitz-Ellsworth-Nuancen auf, alles in allem verleiht der Poltergeist-Shouter sich aber einen sehr schönen Wiedererkennungswert.

Weiter geht's mit der Songmanie auf "Feather of Truth" und erstaunlich konsequent bringen sich Vocals und Instrumentenfinesse gegenseitig nach vorne. Nicht immer startet die Truppe mit vollem Tempo, findet aber auf dem gesamten Werk mit ziemlicher Sicherheit den Speed-Schalter. Konträr zu den rennenden Beats, rasenden Riffs und akkurater Basslinie würzt André Glieder die eine oder andere Nummer mit einer melodisch-tragenden Gesangsstimme und schafft dadurch selbst in einem Up-Tempo-Stück sanfte Linien und Ruhepole. Für den ultimativen Thrash-Touch des Albums eine spannende wie wirksame Nuance.

Immer wieder neue Melodieansätze, gepaart mit einer glänzend arrangierten Leadgitarre und untermalt von dem einen oder anderem Killerriff, sowie das beständige Herauskitzeln von Songstrukturen durch das Drumwork verleihen Poltergeists "Feather of Truth" eine sehr breitgefächerte Spannweite in Sachen Kompositionsvielfalt und Instrumentalfinesse. Bezeichnend ist jedoch auch, dass die Schweizer Thrasher es auf ihrem neuen Album vermögen, ein wenig langsameren Songparts mitreißende Energiemomente einzuflößen.

"Feather of Truth" kommt durchdacht daher und erscheint trotz Poltergeist-eigener Statements nicht neumodern, sondern schließt sich zeitlich eher dem Bandursprung an und knüpft sodann traditionelle Weisen an mehrerlei Spielarten. Wenn auch musikalisch die Thrash-Kanone wahrlich nicht geleugnet werden darf und kann, muss man beim Herunterbrechen dem großen Ganzen noch weitreichendere Einflüsse zuschreiben. Letztlich schaffen sich Poltergeist ein eigenes Gewand durch ihren vorpreschenden und Power-Riff-aufgeladenen Thrashsound in Kombination mit den klassischeren Elementen.

Ein spannendes Einzelbeispiel für Poltergeists Vielfalt ist die Nummer "Phantom Army". Diese kommt zunächst nicht als tragendes oder gar schnellstes Stück daher, entfaltet aber von Beginn an einen Zauber, der ein Schmuckstück aus dem Song macht. Eher lässig im Rhythmus beginnend, reitet die Nummer wenig später dann doch noch im Galopp voraus. Die Riffs sind hymnentauglich und die Vocals auf thrashige Weise gesangsfähig. Instrumental liefert der Song zudem Abwechslung und Präsenz, ohne zu melodieüberladen zu sein.

Auch "Thin Blue Line" kann für sich stehen. Die Drums haben eine schöne Präsenz, prügeln die changierenden Beats dominant durch den Song und erzeugen dabei auch gerne mal eine gegenlaufende Atmosphäre, was der Nummer Tiefe und einen leicht progressiven Einfluss verleiht. Die Saiteninstrumente untermalen das Ganze zwar in inzwischen gewohnt wütender Manier, ordnen sich dem Songgefühl dabei aber perfekt unter. Auch stimmlich intensiviert sich das Klanggewand, welches neben passionierter Intensität auch eine Spur kontrollierten Wahnsinns zeigt.

Fazit:
Poltergeist haben ihren Nischenplatz im Thrash-Gefilde gefunden und für sich beansprucht. Auch mit "Feather of Truth" liefert die 2016 reunierte Band ganze Paletten nackenbruchtauglicher Riffs, ein paar groovige Basslinien und feuert regelmäßig aus der Drum-Kanone. Anders als die gewohnten Thrash-Hymnen jedoch kombinieren die Schweizer ihr Werk mit einer deutlichen Prise klassischen Metals. Sowohl gesangstechnisch, als auch in der Gitarrenarbeit kann man das verfolgen. Das Ergebnis sind eine eigene klare Linie und willkommene Abwechslung. Wiedererkennungswert, Abwechslung, Energie, technische Finesse, harter Sound und Melodik; alles da auf "Feather of Truth". Kein Song klingt wie der andere und die Gesamtkomposition wirkt harmonisch und ausgeglichen.

Punkte: 9/10

Anspieltipp: Phantom Army, The Culling, Thin Blue Line

Tracklist

01. Time At Hand
02. Saturday Night's Alright For Rockin'
03. Feather Of Truth
04. The Attention Trap
05. Phantom Army
06. The Godz Of The Seven Rays
07. The Culling
08. Megalomaniac
09. Ambush
10. Thin Blue Line
11. Unholy Presence (Bonus)
12. Notion (Bonus)

Lineup

André Grieder - Vocals
V.O. Pulver - Guitars, backing Vocals
Chasper Wanner - Guitars, backing Vocals
Ralf Winzer Garcia - Bass, backing Vocals
Reto Crola - Drums

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