Karg - Traktat
Genre: Post-Black Metal
Label: Art Of Propaganda
Album Titel:
Traktat
Spielzeit: 76:23
VÖ: 07.02.2020
Ein "Traktat" ist eine schriftliche Abhandlung, in welchem
religiöse, philosophische, kulturelle oder auch moralische Themen
behandelt werden. Dass jenes Wort als Titel für das mittlerweile
siebte Album Kargs auserkoren wurde, kommt nicht von ungefähr. Denn
das musikalische Projekt des Wiener Musikers J.J. war schon immer
ein persönliches Sprachrohr, um Gedanken und Erlebtes zu teilen, zu
verarbeiten, zu verdauen.
Die Themen, die J.J. in seinem
bisherigen Schaffen verarbeitete, drehten sich schon immer um die
emotionalen Aspekte des Lebens, die tiefere Spuren im Bewusstsein
hinterlassen, wie etwa gescheiterte Beziehungen, Entfremdung,
Drogenmissbrauch, Verlust oder Depression. "Traktat" beschreibt
wieder eine neue Episode im Leben des Musikers, denn das Album
entstand auf Reisen. Reisen, auf denen der Österreicher dieser
innerlichen Zerstreuung und den Angstzuständen Herr werden wollte.
Gerade lyrisch bringt J.J. seine innerliche Zerrissenheit mit
nur wenigen Worten zum Ausdruck: "Jahr ohne Sommer" etwa endet mit
einem Bad aus geschichteten Gitarren, gegen welches mit den Worten
"Bring mi hoam" angeschrien wird. Dass seine Angstzustände sich
immer mehr in das alltägliche Leben einschleichen, wird hingegen in
"Alaska" deutlich: "Loss mi wia de Wellen am Ufer zerbersten und
jeden Kontroivalust zur Leidenschaft vaklären". Ein wichtiger Aspekt
der lyrischen Ausgestaltung in den Texten J.J.s ist zudem, dass sie
seit dem 2016 erschienen Album "Weltenasche" im Dialekt des
Österreichers verfasst werden, wie es hier deutlich zu erkennen ist.
Die Zerrissenheit, die in den Texten skizziert wird, schlägt
sich auch musikalisch nieder. Alle acht Songs sind eigene kleine
Geschichten, die in mehrere Parts aufgeteilt sind. "Jahr ohne
Sommer" dient als gutes Beispiel, denn das Lied zeichnet sich durch
Phasen aus, in denen sich Auszeiten genommen werden und die
Tremolo-Gitarren für einen Moment vom Hall übermannt werden. Die
inneren Konflikte, die textlich ausgetragen werden, übertragen sich
so auch auf die Musik. Dann folgt wieder der Ausbruch, meistens
getragen von Blastbeats. Heraus sticht dabei immer wieder der ins
Mark gehende Gesang von J.J., der schreiend gegen diese musikalische
Wand ankämpft. So bewegt sich "Traktat" zwischen Black Metal,
Post-Rock und Hardcore, bietet mittels eingeworfener Streicher in
"Stolperkenotaphe" aber auch Abwechslung im Klangbild.
Fazit:
"Traktat" ist ein Album, für welches man sich Zeit nehmen muss, denn
es ist ein emotionales Werk, das erschlossen und entdeckt werden
will. In den acht Songs stecken viele Details und Geschichten, die
viele von uns selbst schon erlebt haben – und gerade dieser Aspekt
macht das Album so spannend.
Punkte: 9/10
Anspieltipps: alles
01. Irgendjemand Wartet Immer
02. Jahr Ohne Sommer
03.
Stolperkenotaphe
04. Alaska
05. Abgrunddialektik
06. Alles
Was Wir Geben Mussten
07. Grabcholerik
08. Tod, Wo Bleibt Dein
Frieden?
J.J. - Vocals, Guitars, Bass
Paul Färber - Drums
- Download Review in deutsch
Autor: Lupus