Nachbericht Summer Breeze Open Air 2012 von Eth

Zum 15. Jubiläum lädt das Team rund ums Summer Breeze Open Air in diesem Jahr ins beschauliche Dinkelsbühl ein. Eröffnet wie immer durch Blasmusik aus Illenschwang sowie dem New Blood Award, bietet das Festival auch in diesem Jahr im Rahmen der Nuclear Blast Label Night bereits am Mittwoch ein Programm, das sich gewaschen hat. Eine regnerische Nacht, gefolgt von vier Tagen Sahara-Feeling lässt das Wetter auf dem zweitgrößten Metal Open Air Deutschlands die Metalheads schwitzen. Ob der Flüssigkeitsverlusst durch Bier oder nichtalkoholische Getränke ausgeglichen wird - diese Entscheidung obliegt jedem Besucher selbst. Die Massen an wartenden Langhaarigen rings um die Getränkestände, häufig mit kühlenden, durchnässten Handtüchern um den Kopf, sprechen allerdings für sich.

Mittwoch
Wie immer eröffnen "Blasmusik Illenschwang" das Summer Breeze, und beschallen das Partyzelt mit einer gehörigen Dröhnung aus ihren Blasinstrumenten. Direkt im Anschluss hat jede der sechs Finalisten-Bands des New Blood Award nochmals 25 Minuten Zeit, ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen, und der Jury, bestehend aus Him und Rob von den Excrementory Grindfuckers, Tomn von Undertow sowie Jan W., Eckart M. und Norman S. von metal.de, zu zeigen, wo der Hammer hängt. Die Siegerband, Obscure Sphinx, überzeugen mit Ihrer Sludge/Doom-Metal und Post-Rock Mischung, und dürfen somit am folgenden Donnerstag das Spektakel auf der Pain Stage auf dem großen Festivalgelände eröffnen.

Die anreise gestaltet sich wie immer schwierig. Der Weg zum Gelände ist zwar wie immer gut ausgeschildert, und auch Freund und Helfer stehen mit Rat und Tat zur Seite, doch sind Summer Breeze üblich schon am frühen Morgen sämliche Zufahrtstraßen komplett voll. Stau wohin man sieht, denn letztendlich müssen ja alle vor dem Gelände wieder zusammen führen, und durch die selben Sicherheitsschleusen. Zwar wird das Gelände wieder 3 Stunden vor der offiziellen Zeit geöffnet. Das hilft aber wenig. In der prallen Sonne stehen tausende von Metalfans zwischen Dinkelsbühl und Illenschwang im Stau. Aber was sind Metalfans, wenn nicht gänzlich entspannt. Viele nehmen sich eine, zu diesem Zeitpunkt meist noch kühle, Dose Bier, setzen sich im Campingstuhl einfach neben ihr Auto, und warten, bis es weiter geht.

Tankard
15 Minuten länger als am vergangenen Samstag dürfen die Thrash-Legenden um Frontsau Gerre die Bühne im Partyzelt unsicher machen. Mit Material von Damals bis Heute, und natürlich mit dem Klassiker "Freibier" und dem altbekannten "Girl called Cerveza" auf dem Rücken füllen die vier Frankfurter das Partyzelt fast bis auf den letzten Mann. Tankard sind am Boden geblieben, auch bedingt durch die im Vergleich zu anderen Bands recht wenigen Gigs im Jahr, bestechen sie zwar durch Bühnenroutine, bringen aber eine gehörig größere Ladung Spaß zu jedem ihrer wenigen Gigs mit. Einen Auftritt der Hessen vergisst man so schnell nicht.

Graveworm
Das in diesem Jahr, im Vergleich zum Vorjahr, doppelt so große Partyzelt bringt so manchen Toningenieur zum schwitzen. Wo reiner Thrash- oder Death-Metal noch einfach einzustellen sind, wird es bei den keyboardlastigen Melodien der Italiener schwerer, aus dem leider entstehenden Soundbrei die einzelnen Songs heraus zu hören. Eine großartige Band, der Sound im Zelt wird ihnen aber nicht Gerecht. Einzig die Vorfreude auf den immer letzten Song in ihrem Set - das "Fear of the Dark"-Cover - hält so manchen Fan bei Laune. Fear of the Dark erkennt man immer - auch unter tausenden. Und das ist auch gut so.


Donnerstag
Der übliche Summer Breeze Schauer setzt in diesem Jahr bereits gegen 4 Uhr morgens am Donnerstag ein, und hält bis mittags. Schlammige Wege und viel Dreck prägen den ersten großen Festivaltag. Aber das ist schnell vergessen, die unerbittliche Sonne kocht die unter dem Druck tausender Springerstiefel unterdessen mehr zu einer Matschpiste gewordene Wiese zu einer kompakten Erd- und Lehmmasse, aus der man in manch anderem Land wohl Wohnhäuser bauen würde.

Manegarm
Mit Ihrer Mischung aus Viking-, Black- und Folk-Metal überzeugen die Jungs schon seit ihrer 1996 erschienenen Demo "Vargaresa". Sechs Studioalben später beeindrucken die Schweden mit einem genialen Gig. Im Jahr 2010 noch im Partyzelt, spielen sie in diesem Jahr bereits auf der kleineren der beiden Hauptbühnen, der Pain Stage. Manegarm spielen eine fast schon interaktive Show; über die gesamte Spielzeit wird das Publikum soweit es geht mit einbezogen. Die Jungs haben Spaß an Ihrer Musik, und das auch ohne den kürzlich ausgeschiedenen Geiger. Saubere Vocals, perfektion wohin man sieht. Leider wird Ihnen die Pain Stage nicht gerecht: Häufig übersteuert die Anlage der Bühne, und die Bass Drum ist einfach zu laut.

Darkest Hour
Auch wenn man krampfhaft und immer wieder versucht, Darkest Hour den Melodeath Stempel aufzudrücken, so lässt sich der Geschmack von Metalcore einfach nicht los werden. Negativ ist das jedoch im keinem Fall: Kraftvolle Riffs und mitreißende Melodien; die US Amerikaner stehen voll hinter ihrer Musik und liefern einen soliden Auftritt ab. Warum die fünf Jungs nach 7 Studioalben und etlichen Live-Auftritten aber trotzdem eine durchschnittliche "I wanna see you headbanging" Bühnenshow abliefern - das bleibt einem wohl ewig verborgen. Vielleicht täte ein bisschen mehr Deathmetal-Mentalität ihrer Bühnenshow am Ende doch gut.

Agrypnie
Zum zweiten mal auf dem Summer Breeze, kredenzt die aus ganz deutschland zusammengewürfelte Truppe mit "Hauptsitz" in Frankfurt am Main ein kurzes, aber perfektes Set. Per Facebook-Voting ließ Frontmann Torsten das Publikum entscheiden, ob Material vom kommenden Album "Aetas Cineris" gespielt wird, oder der Klassiker "Morgen". Eigentlich müsste das Ergebnis fast vorab festgestanden haben, ist "Morgen" doch einer der besten Agrypnie-Songs. Ein viel zu kurzes Set im prall mit Fans gefülltem Partyzelt und, trotz allgemein schlechter Akustik perfektem Sound; und nach knapp 30 Minuten ist es leider auch schon vorbei.

Alcest
Das Partyzelt prall gefüllt - Zeit für den Auftritt von Alcest. Als Neiges Soloprojekt mit Raw Blackmetal im Jahr 1999 gestartet entwickelte sich der Stil der Franzosen schnell in Richtung Shoegaze. Das Publikum feiert zu Recht, klingen die Songs doch trotz einer fast 100 prozentigen Live-Performance nahezu wie auf CD. Leider haben auch Alcest einen viel zu kleinen Slot um ihr durch inzwischen drei Studioalben geschmücktes Repertoire angemessen zum Besten zu geben. Beeindruckend und bombastisch wirkt das 40 Minuten Set aber dennoch, und man möchte sich, fast wie in einer Trance, nur in den epischen Klängen und der von ihnen verursachten Gänsehaut hingeben.

Eluveitie
Im direkten Vergleich mit ihren Hallenshows legen die Schweizer mit ihrer Open Air Show noch deutlich einen drauf. Das Areal vor der Pain Stage platzt aus allen Nähten, und die Menge wird nicht enttäuscht. Zwar spielen die Folk Metaller überwiegend Material ihres aktuellen Longplayers "Helvetios", doch streuen Sie ab und an auch älteres Material, wie zum Beispiel den Klassiker "Inis Mona", oder "den ältesten Eluveitie Song, der je geschrieben wurde", nämlich "Uis Elveti" in das Programm. Sowohl die Scream-Vocals von Chrigel Glanzmann, als auch der Gesang von Anna Murphy passen wie die Faust aufs Auge und bringen die Menge zum toben. Leider eher als Ausnahme zu sehen, ist der bei diesem Gig nahezu perfekte Sound auf der kleineren Pain Stage.

Subway to Sally
20 Jahre sind die Folk- und Medieval-Metaller von Subway to Sally schon kreuz und quer in der Metalszene unterwegs, und das merkt man ihnen und ihrer von elf Studioalben gezierten Diskografie natürlich an. Absolut professionell ziehen sie eine grandiose und pyroeffekt-lastige Bühnenshow durch. Frontmann Eric Fish zieht alle Register und schwingt Fackeln als Engelsflügel, ja, er betätigt sich auf der Bühne sogar als Feuerspucker. In Anlehnung an die Massen von Crowdsurfern auf dem 2010er Summer Breeze Auftritt, entstand, so Eric Fish, der Titelsong "Schwarz in Schwarz" für das aktuelle Album. So gibt Fish auch selbst eine kleine Einlage als Crowdsurfer, und dreht während eines instrumentalen Parts des Songs eine kleine Runde im Publikum. Eine grandiose Show mit headlinerwürdigem, perfektem Sound auf der Main Stage: So dürfte sich ruhig jeder Auftritt anfühlen, nicht nur der eines Headliners; aber am Ende soll dieser ja auch etwas Besonderes sein.

Excrementory Grindfuckers
Ein Grindfuckers-würdiger Gig mit dem üblichen Übermaß an sinnlosigkeit. Macht aber nix, die 5 Hannoveraner glänzen wie immer durch eine gehörige Menge Spaß, und beziehen das Publikum super in ihre Show mit ein. Wasserbälle haben sie im Gepäck, und zwar viele, so ist das Publikum neben den verschiedenen Pits im Partyzelt auch mit einer Masse an von der Bühne herab hagelnder Wasserbälle beschäftigt. Am Ende könnten die Grindfuckers wahrscheinlich auch ohne Musik die Masse animieren; aber mit Musik ists halt doch lustiger.


Freitag
Es ist kalt. Zumindest nachts sind nur 15 Grad auf dem Zeltplatz. An sich ist es in den frühen Morgenstunden fast angenehm kühl, aber natürlich nur bis zum Sonnenaufgang. Schlagartig brennt die Sonne wieder gnadenlos. Wohin man sieht Metalheads mit absichtlich durchweichten Shirts, oder haben sich feuchte Handtücher um den Kopf gewickelt.

Before the Dawn
Warum die Finnen ihren Auftritt ausgerechnet mit ihrem besten Song, "Pitch Black Universe" beginnen, wird dem aufmerksamen Fan wohl auf ewig ein Rätsel bleiben. Der Qualität des Auftritts tut das aber natürlich keinen Abbruch, Tuomas Saukkonen und seine Jungs rocken mit ihrer ungewöhnlichen Kombination aus Melodic Death- und Gothic-Metal die Partystage. Melancholische, gothic-lastige Melodie-Lines gekreuzt mit harten Riffs aus dem Melodic Death Metal wirken auf ihre eigene Weise leicht traurig, ziehen den Zuschauer aber dennoch in ihren Bann. Trotz der allgemein schlechten Akustik im Zelt, liefern Before the Dawn eine wie immer geniale Show mit schlicht brilliantem Sound, der sich hinter ihren bisher 7 Studioalben nicht verstecken muss.

Dark Tranquility
Wenig aufdringliche, aber dennoch vorhandene Keyboards, saubere Clean- und Screamvocals und einfach bombastischer Sound machen den Auftritt der Schweden zu einem der Top 5 Auftritte in diesem Jahr. Wirkt der Sound auf ihren bisher neun Studioalben schon bombastisch, sind diese kein Vergleich zum Feeling während ihres Auftritts. Die Band fokussiert ganz klar die melodischen Elemente des Melodic Death Metal und setzt die klassischen Riffs fast nur unterstützend und als Melodieträger ein. Die riesige Prokeltionsfläche an der Rückwand der Bühne mit zum Song passenden Texten und Effekten integriert sich nahtlos ins Bühnenbild und setzt somit nochmal einen drauf. Wer melodischen Death Metal mag, und Dark Tranquility noch nicht Live erleben durfte, sollte dies schnellstmöglich nach holen.

Immortal
Für ihren rauhen stil berühmt, und mit ihren ersten Studioalben ganz groß im Black-Metal Geschäft wird der typische Immortal-Sound nach inzwischen neun Studioalben doch zunehmend langweilig. Das, und die, abgesehen von den bandtypischen Crabwalks und einigen unverständlich ins Mikrofon gegrunzten Ansagen, nicht existente Bühnenshow, lassen Immortal live eher enttäuschen. Vielleicht ist es an der Zeit für Frontmann Abbath, mit seinem Projekt "I" ein weiteres Album einzuspielen? Gut gefüllt bleibt der Platz vor der Main Stage trotz der nach Dark Tranquility flüchtenden Zuschauer.

Morgoth
Nach zwölf Jahren Pause kehren die deutschen Deather von Morgoth im Jahr 2010 auf die Bühne zurück. Wahrer Oldschool Death kommt aus Schweden, so meint man immer; weit gefehlt: auch in Nordrhein-Westfalen entstehen astreine Death Metal Riffs, die glatt mit Genregrößen wie Unleashed konkurrieren können. Teils mit fast doomig wirkenden, aber auch mit Thrashigen passagen animieren Morgoth das zu später Stunde noch zahlreich im Partyzelt erschienene Publikum und liefern einen deutschen Death-Metal Gig der extraklasse.


Samstag
Der letzte Tag - ein Headliner wartet noch. Die verschwitzten und dreckigen Metalheads - duschen ist ja nicht Heavy Metal - lassen sich auf dem großen Festivalgelände ordentlich von der Sonne brutzeln. Zum Glück gibts kühles Bier, oder kühlen Met. Für die Antialkoholiker gibts natürlich auch erfrischende Alternativen. Ja, sogar kohlensäurefreies Wasser kann man relativ preiswert bekommen.

Unleashed
Bei fast schon unmenschlichen Temperaturen und ohne eine Wolke am Himmel treten die Schweden von Unleashed pünktlich um 15:15 auf die Pain Stage. Mit ihren elf Studioalben und 23 Jahren Bandgeschichte gehören Unleashed zu den ganz Großen am Death Metal Himmel, wenn man Sie nicht fast als Götter und vor allem Wegbereiter des Genres nennen will. Auf jeden Fall hauen sie standesgemäß ordentlich auf die Mütze, oder eher in die Saiten und machen ihrem Ruf alle Ehre. Die bekannten Fetten Riffs, ihr Oldschool Sound, und natürlich Material von ihrer brandneuen und elften Studioscheibe "Odalheim" sind noch weit über das Festivalgelände zu hören.

Amon Amarth
Diesem Moment fiebern viele Tausend Amon Amarth Fans schon seit Wochen, wenn nicht gar seit Monaten entgegen. Johan Hegg und seine Wikingercrew liefern eine Show, die sich gewaschen hat. Auf dem, laut Hegg, letzten Festivalgig zum aktuellen Album "Surtur Rising" ziehen die Schweden nochmal alle Register. 1 Stunde und 15 Minuten melodischer Death Metal im Stil von Amon Amarth. Für die nächsten Festivalgigs verspricht Hegg ein neues Album, das vermutlich 2013 erscheint. Vielleicht besinnen sie sich dann ja wieder etwas auf ihre ersten Alben "Once Sent from the Golden Hall" oder "The Avenger", auf denen sie noch nicht den seit spätestens "Versus The World" bekannten Amon Amarth Einheitssound spielten. Oder sie lassen sich einfach mal etwas Innovatives und Neues einfallen. Das Areal vor der Main Stage auf jeden Fall, platzt aus allen Nähten. Es hat sich scheinbar das gesamte Campinggelände vor der Bühne versammelt, um der epischen Show von Amon Amarth zu lauschen, und mit ihnen zu feiern. Ein buntes Set haben die Schweden in jedem Fall dabei, untermauert von einer Menge Pyroeffekten. So schlägt Frontmann Johan Hegg mit einem riesigen Hammer auf den Boden, und man hat den Eindruck, dass jeden Moment die gesamte Bühne explodiert. Eindrucksvoll ist die Show in jedem Fall. Den größten Respekt muss man wohl vor der Verabschiedung des Drum Techs haben, der die Band fünf Jahre lang auf ihren Touren begleitete, und das Schlagzeug immer fit hielt. Die Fans jedenfalls mussten aufgrund der Verabschiedung wohl auf einen zusätzlichen Song verzichten; die Aktion an sich verdient aber immensen Respekt.

Fazit
Das Summer Breeze ist groß, und wird irgendwie jedes jahr noch größer. Zumindest kommt einem das so vor. Laufstrecken von bis zu 45 Minuten vom hintersten Zeltplatz zur Bühne sind hier keine seltenheit. Im Vergleich zum Vorjahr ist das Lineup zum 15-jährigen Festival-Jubiläum eher schlechter gelungen, dennoch sind viele (auch im Bericht nicht erwähnte Bands) dabei, die einen Besuch schon fast zur Pflicht werden lassen. Die typischen Temperaturen weit über 30 Grad machen einem häufig zu schaffen, und brutaler Sonnenbrand ist vorprogrammiert. Aber Hey: was ist ein Open Air Festival ohne einen gehörigen Sonnenbrand. Und, seien wir mal ehrlich, man spürt ihn in Extase vor der Bühne oder im Alkoholrausch meist sowieso erst am Tag danach. Besonders zu erwähnen gilt in diesem Jahr die Toilettensituation: Sowohl die Dixis als auch die Spültoiletten waren so sauber, das sucht man auf vielen anderen Festivals in ähnlicher Größenordnung vergebens. Am Ende ist ein Besuch des Summer Breeze die Strecke nicht nur der Musik wegen Wert. Das Gefühl unter so vielen Gleichgesinnten zu sein und 4 ganze Tage Spaß zu haben ist in jedem Jahr wieder aufs Neue genial.