Nachbericht Party.San Open Air 2012 von Eth

Auf dem Flugplatz Obermehler im thüringer Schlotheim bot das Party.San Open Air in diesem Jahr wieder ein ausgewogenes Lineup allen Facetten des Metal, von Black bis Thrash, und von Death bis Grind. Mit Bolt Thrower, Immortal und Behemoth als Headliner, und weiteren Größen ihrer respektiven Genres ist für jeden Metalhead etwas dabei. Ob geschminkt oder Unterwäsche aus Panzertape tragend, ja sogar "Schlagerfans" mit Wolfgang Petry Fanshirt kommen hier auf ihre Kosten.

Auch für unbekanntere Bands ist in diesem Jahr Platz, auf der neu eingerichteten Tentstage spielen in den auf der Mainstage unweigerlich anfallenden Umbaupausen vielversprechende Talente aus der Metalszene ihre 20 bis 45 Minuten langen Sets; auch hier findet sich natürlich ein gemischtes Lineup in allen Schwarz- und Grautönen.

Donnerstag
Der Donnerstag beginnt mit langen Warteschlangen. Durch die fehlende Trennung zwischen "normalem" und VIP-Campingplatz, und nur einer Zufahrt zum Gelände reiht sich von der Fahrzeugkontrolle bis viele Kilometer die Straße herunter Auto an Auto. Einige schon am Vortag angereiste Fans machen es sich am Straßenrand bequem und lassen für den Ein oder Anderen Anreisenden auch ein Bier springen.

Der Campingplatz rund um die Landebahn auf dem Flugplatz füllt sich erstaunlich schnell. Überall sieht man Metalheads, die verzweifelt damit beschäftigt sind, Ihre handelsüblichen Heringe in den Boden zu drücken, ja man möchte es schon fast prügeln nennen, der Boden besteht nämlich überwiegend aus Kies.

Solstafir
Auch Isländer wissen wie man Metal macht, das beweisen die vier Jungs von Solstafir mit Bravour. Epischer Progressive-Metal zum dahin schmelzen, das sind Solstafir aus Reykjavik. Ihre Live-Performance muss sich hinter ihren bisher vier Studioalben in keinster Weise verstecken; man möchte schlicht die Augen schließen, alles um sich herum vergessen, Musik und Gesang aufsaugen, und die Gänsehaut auf sich wirken lassen.

Sodom
Alle bisherigen Berichte haben Recht. Sodom, und allen voran natürlich Frontsau Tom Angelripper rocken gehörig. 32 Jahre Thrash-Metal aus Gelsenkirchen stehen auf der Party.San Bühne im nächtlichen Schlotheim, und das merkt man. Die Bühne bebt, und die zahlreich erschienenen Fans toben bei sauberem Sound und dem Geschrei von Tom Angelripper.

Bolt Thrower
Eine gewohnt prügelnde Show liefern Oldschool-Deather von Bolt Thrower ab. Der Headliner-Slot ist wie geschaffen für die Engländer. Man kommt sich vor, als würde auf der Bühne ein Krieg ausgetragen, wenn Klassiker wie "Powder Burns", "No Guts, No Glory" oder "When Cannons fade" as den Lautsprechern dröhnen. Wirklich viel Bühnenshow haben Bolt Thrower ja nicht, und sonderlich unterschiedlich wirken die Songs auch meist nicht. Ist aber vollkommen egal, auf dem gut gefüllten Konzertgelände haben sich Massen von Fans schon vor dem Konzert am bandeigenen Merch-Stand mit Fanartikeln eingedeckt und stellen diese headbangend zur Schau.


Freitag
Beim Blick gen Himmel meint man, es muss jeden Augenblick anfangen, wie aus Eimern zu schütten. Der Regengott war dem schwarzen Publikum aber gnädig. Zwar ist es meist bewölkt, mit wenigen sonnigen Minuten, aber es bleibt trocken.

Vivus Humare (Tent)
Überraschend knüpplig geht es bei den 5 Thüringern von Vivus Humare auf der Underground Stage zur Sache. Geziert von Corpsepaints und untermalt von snarelastigen Black-Metal Drums sowie 2 Gitarren zeigen die Jungs dem zahlreich erschienenen Publikum, wo es lang geht. In Anlehnung an die Comedy-Glanzleistung "Tagesablauf eines Black-Metal Fans" wird der Ein oder Andere Zuschauer wohl die Suche nach Schweineblut angetreten haben. Reife Leistung, wenn man bedenkt, dass die Band bisher lediglich eine Demo aufgenommen hat

Entrails
Zwar besteht die Band schon seit 1990, doch waren die Schweden damals nie mit ihren Demoaufnahmen zufrieden. 2008 belebte Jimmy "Bloodspill" Lundqvist die Band wieder. Mit Erfolg: Auf zwei Demos folgen zwei Studioalben, die sich gewaschen haben. Neben Unleashed und Bolt Thrower sind Entrails eine der wenigen Bands, die in der heutigen, fast schon technischen und brutalen Death-Metal Welt den Oldschool am Leben halten. Zum Glück haben die Veranstalter des Party.San für ihr Open Air ein von der Temperatur her angenehmes Wochenende erwischt, sonst wären die Fans im Moshpit wohl reihenweise zu Boden gegangen.

Nile
Drumsticks fliegen so schnell, man kann sie kaum sehen, Blastbeats mit nur einem Fuß, und natürlich das ägyptische Thema - das sind Nile. Und was machen Nile? Richtig, Death Metal. Eine Mischung aus brutalem und technischen Death Metal um genau zu sein. Die US-Amerikaner aus South Carolina beherrschen ihre Instrumente perfekt, und setzen ihre sieben Studioalben in einer grandiosen Liveshow um. Sogar die Titel ihres brandneuen Silberlings "At The Gates Of Sethu" wirken Live einfach bombastisch und werden von der vierköpfigen Band gekonnt in die Menschenmassen vor der Bühne transportiert. Ganz großes Kino auf ganzer (brutaler und technischer) Linie.

Immortal
Trotz wahnsinnigen 105 Minuten Spielzeit wohl das langweiligste Erlebnis des Wochenendes. Sehr trocken und fast ohne Bühnenshow rotzen Immortal ihre Setlist in die Menge. Dabei überzeugen Sie mit gut abgemischtem und sauberem Sound. Doch weicht die seit Monaten schwelende Vorfreude auf die Norweger bei vielen Fans eher Enttäuschung als Partystimmung. Schade, schade, schade, aber da können Immortal sich von anderen Bandgrößen wie Bolt Thrower oder Behemoth trotz ihrer über 20-jährigen Bandgeschichte und acht Studioalben noch einiges abschauen.


Samstag
Der Samstag gestaltet vom Wetter ähnlich trüb wie der Freitag. Das tut der Party auf dem Gelände aber keinen Abbruch, allerdings ist für die Anwesenden, die von Anfang an dabei sein wollen, das Motto "Morgenstund hat Gold im Mund" unerlässlich: Ab 10 Uhr sollen Cashley bereits auf der Tentstage spielen.

Cashley (Tent)
Mit solch einer Show hat vermutlich keiner der Frühaufsteher gerechnet. Satte zwei Stunden dröhnen Coverversionen bekannter Klassiker in aufbereitetem Cashley-Sound durchs Partyzelt. Ungewöhnlich voll ist es zur frühen Stunde, beginnen Cashley doch bereits gegen 10 Uhr mit ihrem Auftritt. Von Rock'n'Roll bis Heavy Metal musizieren sich die Berliner durch die letzten Jahrzehnte der Musikgeschichte, und das mit ihrem ganz eigenen Rockabilly-Sound. Wenig Bands schaffen es auf einem Metalfestival, fast noch im Morgengrauen, die schwarz gekleidete und vom Vortag verkaterte Meute zu solch einer Party anzufeuern. Wäre auf dem Gelände irgendwo Cashley-Merch aufzutreiben gewesen, es wäre vermutlich schneller ausverkauft gewesen als der Merch-Stand von Bolt Thrower.

Nocte Obducta
Sechs Jahre Pause, sechs Jahre warten. Aber sie sind wieder da, Nocte Obducta schmettern mit ihrem neuen Silberling "Verderbnis - Der Schnitter kratzt an jeder Tür" wieder ihren Avantgarde-Black-Metal über die Ladentheke. Umstritten war ihr Stil auch früher schon, die Einen hassen, und die Anderen lieben sie. Auf dem Party.San geben sich alte und neue Fans ihr Stelldichein und feiern gemeinsam die Rückkehr von Nocte Obducta. Beim wohl größten Publikum, und vor allem auf der größten Bühne seit ihrem Comeback präsentieren die Mainzer sowohl altes als auch neues Material, und überzeugen auch im neuen Lineup auf ganzer Linie. Harte Blastbeats angereichert mit fast schon bluesigen Gitarrenklängen, und natürlich die Vocals von Sänger Torsten und Keyboarder Flange machen den Stil der Band aus, und erklären wohl auch die Party vor der Bühne.

Tankard
Selten sieht man den Sänger einer Band so exzessiv über die Bühne hüpfen. Gerre scheint sichtlich Spaß am Auftritt zu haben, und verbreitet diesen mit reichlich motivierenden Sprüchen auch gekonnt im Publikum. 30 Jahre Tankard heißt es - und die wollen gefeiert werden. Natürlich mit Bier, und einer Reise durch den geilsten frankfurter Thrashmetal der letzten 30 Jahre. Von Chemical Invasion über Freibier bis zum Klassiker Empty Tankard ist alles dabei. Gekrönt wird die Show durch den Auftritt des "Girl called Cerveza", einer gutaussehenden, in ein enges Lederoutfit gequetschten Dame, die mit einer Peitsche in der Hand wohl dem guten Gerre vermitteln will, wie das mit dem Bier so konkret funktioniert. Ein wirklich gelungener Auftritt der Altmetaller. 30 Jahre Bandgeschichte - das soll erst einmal jemand nachmachen!

Behemoth
"Wow!" ist das erste, was einem bei jedem Behemoth Gig zuerst in den Sinn kommt. Die Bühnenshow der Polen ist einfach der helle Wahnsinn. Natürlich unterscheidet sich die Live-Show um einiges von der von der Full of Hate-Tour bekannten Indoor-Show mit komplettem Outfit-Wechsel zur Mitte. Live blühen Behemoth noch mehr auf, eine Pyro- und Nebelshow, die sich gewaschen hat. Es werden sogar umgedrehte Kreuze verbrannt, oder zumindest angezündet. Wer noch nicht die Möglichkeit hatte, sich Behemoth Live anzuschauen, sollte dies baldmöglichst nachholen. Nach 21 Jahren Bandgeschichte und 9 Studioalben wissen die vier Polen einfach genau, wie eine Headlinershow wirklich genial umzusetzen ist.

Fazit
Ein vom Lineup her sehr anstrengendes Festival mit eigentlich wenig Pause. Allerdings bleibt einem fast nichts anderes übrig, als ab und an mal eine eigentlich fest eingeplante Band zu verpassen, um einen kleinen Abstecher ins Camp zum Ausruhen zu machen. Macht aber nichts, bei der Masse an genialen Acts ist es zu verschmerzen, auch mal etwas nicht zu sehen.

Viel mehr Leute passen nicht mehr auf das Campinggelände, vielleicht noch ein paar Hundert. Soll das Festival weiter wachsen, steht wohl bald ein erneuter Umzug an. Am Ende ist es aber gar nicht nötig, noch weiter zu wachsen, das Party.San hat genau die richtige Größe, um große Headliner anzulocken, ist dabei aber noch klein genug, um von den gemeinen Festivaltouristen Großteils verschont zu werden.

Alles in allem ein Super Festival, auf dem man doch deutlich mehr bekannte Gesichter trifft, als man eigentlich erwartet. Wirklich großartige Headlinerbands runden das Ganze ab. So muss ein Festival sein, und so darf es auch für die nächsten Jahre bleiben.