Nachbericht Boarstream Open Air 2012 von Eth

Saumäßig geil trifft es wohl am Besten, wenn es um das Boarstream Open Air geht. Auf dem Buchenbacher Sportplatz im Jagsttal, eingefasst von bewaldeten Hängen boten hochkarätige Bands aus Black-, Death- und Pagan-Metal ein breites Spektrum an metallischer Beschallung. Langhaarige und -bärtige, schwarz gekleidete Metalheads stolperten auf dem mit 666 Tickets ausverkauften Festival zwei Tage lang über Spannleinen von Zelten und Pavillons.

Nach schier endlos wirkenden Staus und Geschwindigkeitsbegrenzungen auf diversen Autobahnen trafen mein BMW und ich auch tatsächlich gegen 18 Uhr auf dem Gelände ein. Das bedeutete Beeilung, denn gegen 19:30 sollten Soul Demise das Spektakel eröffnen. Ich vermute fast, dass Murphy einen Narren daran gefressen hat, meine Pläne du durchkreuzen. Soul Demise und Unlight hätte ich schon gern aus der Nähe gesehen, aber Montageprobleme der beiden neuen Pavillons machten mir mal wieder einen Strich durch die Rechnung.

Freitag


Debauchery
Death Metal und Death’n'Roll war schon immer die Devise der Stuttgarter. Mit 7 Studioalben in 9 Jahren Bandgeschichte reihten Debauchery das Boarstream 2012 in eine lange Reihe großer Festival-Gigs ein. Debauchery wird durch die doch recht eintönige Musik leider spätestens nach dem dritten Song, trotz Klassikern wie “Warmachines at War” und “Blood for the Bloodgod”, sehr schnell langweilig.

Thy Wicked
Midgard Pagan Metal, so nennen zumindest die Rothenburger selbst ihre Musik. Nach ihren ersten Longplayern “Wenn Heimdalls Horn erklingt (2005)” und “Treu dem alten Weg (2009)” soll im Herbst diesen Jahres in Eigenproduktion ihr dritte Studioalbum “Hoffnung und Zuversicht” erscheinen. Mit “Speerwall Fankonia” bewiesen die Jungs, dass die neue Scheibe noch geiler wird als ihr Vorgänger. Wir sind gespannt auf die restlichen Songs. Gute Stimmung herrschte auf den um 0:00 noch gut gefüllten Festivalgelände und Thy Wicked heizten ordentlich ein. Langeweile kam hier keine auf. Der Klassiker “Frankonia” gab der feiernden und headbangenden Meute den Rest, und die “Fran-ko-nia, Fran-ko-niahaha” Schreie wurden noch spät in der Nacht weit über den Zeltplatz gegrölt.


Samstag


Kain
Auf dem TNT OpenAir noch in Vollbesetzung, spielten die Würzburger auf dem Boarstream in einzigartiger Besetzung. So übernahm Gitarrist Max aufgrund eines Unfalls von Frontsau David zusätzlich zur Klampfe den Leadgesang. Und das sogar erstaunlich gut, wenn man bedenkt, dass er lediglich eine Woche Zeit hatte, um das Ganze einzustudieren. Geniale Leistung, geile Band, geile Musik. Ein eigener (oder metallisch versierterer) Mischer am Tonpult hätte aber mit Sicherheit dem leider entstandenen Soundbrei etwas entgegen wirken können. Die Vocals zu leise, Gitarre und Keyboard schlecht heraus zu hören. Schade, schade, schade.

Furor Gallico
Eine solide Show lieferten die Italiener ab, und das obwohl Sie bisher nur einen Longplayer auf den Markt geworfen haben. Mit 8 Mann auf der kleinen Boarstream-Bühne, da hab ich Respekt vor. Warum die Jungs und Mädels sich da nicht in die Quere kommen werde ich wohl nie verstehen. Vielleicht hüpfe ich beim Gitarre spielen aber auch einfach zu viel rum. Aber zurück zum Thema: Solide Show, aber nichts weltbewegend neues. Starke Einflüsse von Eluveitie und Ensiferum sind herauszuhören; ganz besonders zu erkennen beim Vergleich der Liveperformance mit ihrem self-titled Album “Furor Gallico” klingt die Band Live nahezu genau so wie auf dem Album. Das können Ensiferum ja auch sehr gut. Trotz wenig Innovation eine schöne und melodische Show, die Spaß macht.

Thrudvangar
Aus Sachsen-Anhalt ins idyllische Baden-Württemberg gereist, lieferten Thrudvangar eine wirklich geniale Performance ab. 4 Studioalben in 9 Jahren merkt man den Jungs wirklich an. Black Metal gekreuzt mit melodischen Keyboard-Klängen bereiten ein perfektes Klangbett für die kraftvollen Vocals von Frontmann Matze und zeigen auf, wie Viking Black Metal zu klingen und zu funktionieren hat. Standesgemäß stieß man mit Met an, und der Ein oder Andere Metalhead vor der Bühne durfte mal ins Mikro grunzen. Klasse Show, geniale Band, die mit Songs wie “Piraten des Nordens” aus Ihrer ersten Scheibe “Ahnenthron” die Menge begeisterten. Persönlich definitiv ein Highlight des Boarstreams, und auf jeden Fall einen weiteren Konzertbesuch wert.

Cirith Gorgor
Boarstream 2012 - Cirith GorgorWas für Poser. Und das meine ich im positiven. Roher und geprügelter Black Metal kann einfach nur durch eine vollkommen übertriebene und überzogene Show transportiert werden; und das können die 5 Holländer. Präsentation: 1, Musik: Auch wenn ich rohen Black Metal privat eher selten höre, möchte ich Ihnen fast eine 2 geben, denn Spaß machen sie auf jeden Fall. 1993 gegründet erschien 1999 ihr erster Longplayer “Onwards to the Spectral Defile”, gefolgt von 4 weiteren Studioscheiben bis 2011 kann die Band Live auf ein großes Repertoire zurückgreifen und weiß, wie der Stil präsentiert werden muss. Schönes geprügel, und als Übergang zwischen Thrudvangar und Fleshgod Apocalypse eine willkommene Abwechslung.

Fleshgod Apocalypse
Ich könnte fast schwach werden und den Groupie raus hängen lassen. Ungeschlagen die beste Performance, die ich bisher bei einer Band gesehen hab. Obwohl die Italiener bisher lediglich 2 Studioalben veröffentlicht haben, beeindrucken Sie durch eine brachiale Geschwindigkeit und beherrschen dabei ihre Instrumente perfekt. Trotz wenig Show – die Band tritt im todesmetallisch schmutzigen Frack auf – überzeugen Sie schlicht durch ihre Kombination aus Symphonic und Technical Death Metal; Klassik perfekt gepaart mit Death Metal. Ich will mehr davon, und zwar jetzt!

Prostitute Disfigurement
Eine Enttäuschung musste wohl auch auf dem Boarstream sein. Prostitute Disfigurement aus Veldhoven in den Niederlanden brachten uns Brutal Death Metal mit. Die Vocals sehr grindlastig, der Rest einfacher Brutal Death. Obwohl Sie schon 4 Longplayer aufgenommen haben, wirkt ihre Live Performance auf mich einfach nicht. Fazit: Macht auf CD spaß, Live aber eher nicht.

Riger
Versteckt hinter einer dicken Nebelwand schienen Riger sich förmlich vor den Fotografen zu verstecken. Pagan Metal der ersten Stunde machten Riger schon, bevor es Pagan Metal hieß. Selbst bezeichnen die Frankfurter (Oder) ihren Stil als “German Heathen Metal”. Aus Ihrer 16-jährigen Bandgeschichte gingen 5 Longplayer hervor. Das aktuelle Album “Streyf” hat allerdigns auch schon 3 Jahre auf dem Buckel. Ich bin gespannt, wann der nächste Silberling aus der Feder der Jungs erhältlich ist. Persönlich mag ich Riger, finde aber, dass sie live leider sehr schnell langweilig werden, da die Songs sich subjektiv alle ziemlich ähnlich anhören und -fühlen. Spaß hats dennoch gemacht, kann man sich anschauen, und das auch mehrfach.

Nocte Obducta
Auch wenns hart klingt: Mit dem Auftritt haben sie sich nicht unbedingt Freunde gemacht. Teils nicht synchron gespielt und einfach nicht so toll wie auf dem TNT OpenAir vor einigen Wochen. Lässt sich aber entschuldigen, denn sowohl Sänger Torsten als auch Drummer Matze waren etwas angeschlagen; zudem ist es ja auch erst der dritte Gig der Mainzer nach Ihrem Comeback. Shit happens, und ich bin mir sicher, dass ihr nächster Gig auf dem Party.San wieder besser wird. Nach 5 Jahren Pause sind sie wieder da, und heizen mit ihrem ganz eigenen Stil den alten und neuen Fans gehörig ein. Selbst auf einem nicht optimalen Gig wie diesem machen Songs wie “Fick die Muse” und “Prinzessin der Nachtschatten” wirklich Laune und lassen Gänsehautfeeling aufkommen. Keyboardeinlagen von Sänger Torsten und eine immer wieder einzigartige Show sprechen für sich. Wer sie auf CD mag, der wird sie Live lieben.

Svartsot
Fußschmerzbedingt musste ich mir nach einem langen Boarstream-Tag diese Band leider sitzend aus dem Backstage-Bereich zu Gemüte führen. 3 Folk Metal geladene Studioalben haben die Dänen bisher veröffentlicht. Blastbeats und Deathmetal-Growls vereinigen die Jungs mit folkloristischen Gitarrensoli und Flötenklängen zu passabler Party- und Tanzmusik. Nichts weltbewegend neues, alles schonmal gehört, aber dennoch tanz- und hüpftauglich. So brachten Sie das Boarstream noch ein letztes mal zum Beben, bevor um 1:30 nach mehreren Zugaben das letzte mal in diesem Jahr auf der Boarstream-Bühne das Licht aus ging.

Fazit
Ein mit 666 Tickets kleines, aber geiles Open Air in einer wunderschönen Location im Jagsttal. Ein Lineup für die Götter und ein freundliches und nettes Team, das die Organisation des Festivals wirklich gut im Griff hatte. Gerade auf kleinen Festivals sind wir Metaller unter uns, und müssen uns noch nicht über den auf großen Festivals populär gewordenen Festival-Tourismus ärgern. Neue und alte Leute kennenlernen, grillen, ein Bierchen trinken, und sich dabei viele tolle Bands anschauen? Was will man mehr. Ich kann mich undergrounded.de nur anschließen und ebenfalls das Prädikat “Saugeil” vergeben. Wir suhlen uns nächstes Jahr!